Sachverständigen-Ingenieurbüro Bernd Ehrhardt
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Vergleichswertverfahren

Basierend auf § 15 Abs. 1 ImmoWertV ist das Vergleichswertverfahren eines der drei klassischen und hierzulande angewendeten Wertermittlungsverfahren für Immobilien. Die anderen beiden Methoden nennen sich Sachwert- und Ertragsverfahren. Das Vergleichswertverfahren zeigt sich besonders beliebt, denn es hat gegenüber den beiden anderen Verfahren den Vorteil, die aktuelle Marktlage in die Kalkulation direkt einzubeziehen. Daraus folgend entsteht im Zuge des Vergleichs ein objektiver Überblick über den momentanen Verkehrswert einer Immobilie.

Wie der Name Vergleichswertverfahren bereits andeutet, werden für die Bewertung bebauter sowie unbebauter Grundstücke gleichwertige Immobilien und Grundstücke miteinander verglichen. In aller Regel handelt es sich um Wohneigentum, das der Eigentümer selbst nutzt (beispielsweise Eigentumswohnungen sowie unbebaute Grundstücke). Beim Ermitteln des Marktwerts des jeweiligen Grundstücks ist es von Vorteil, wenn die beiden zu vergleichenden Objekte in derselben Region oder gar im selben Einzugsgebiet befinden und Ähnlichkeiten in der Größe und Ausstattung aufweisen. Um sich am aktuellen Marktwert orientieren zu können, ist es wichtig, dass die Vergleichsobjekte etwa im selben Zeitraum bewertet wurden.

Zu Beginn des Vergleichswertverfahrens ist der Wert von Grund und Boden zu ermitteln, der sich der Kaufpreissammlung deutscher Gutachterausschüsse entnehmen lässt. Diese Einsicht muss beantragt werden und gilt erst dann als aussagekräftig, wenn mindestens zehn Bewertungen vergleichbarer Grundstücke einzusehen sind. Die Kaufpreissammlung kann auch als Basis für die Kalkulation baulicher Objekte genutzt werden, alternativ werden auch eigene Marktrecherchen oder Grundstücksmarktberichte herangezogen.

Ertragswertverfahren

Das Modell für die Ermittlung des Ertragswerts ist in den §§ 17 ‑ 20 ImmoWertV beschrieben.

Die Ermittlung des Ertragswerts basiert auf den marktüblich erzielbaren jährlichen Erträgen (insbesondere Mieten und Pachten) aus dem Grundstück. Die Summe aller Erträge wird als Rohertrag bezeichnet. Maßgeblich für den (Ertrags)Wert des Grundstücks ist jedoch der Reinertrag. Der Reinertrag ermittelt sich als Rohertrag abzüglich der Aufwendungen, die der Eigentümer für die Bewirtschaftung einschließlich Erhaltung des Grundstücks aufwenden muss (Bewirtschaftungskosten).

Das Ertragswertverfahrenfußt auf der Überlegung, dass der dem Grundstückseigentümer verbleibende Reinertrag aus dem Grundstück die Verzinsung des Grundstückswerts (bzw. des dafür gezahlten Kaufpreises) darstellt. Deshalb wird der Ertragswert als Rentenbarwert durch Kapitalisierung des Reinertrags bestimmt.

Hierbei ist zu beachten, dass der Reinertrag für ein bebautes Grundstück sowohl die Verzinsung für den Grund und Boden als auch für die auf dem Grundstück vorhandenen baulichen (insbesondere Gebäude) und sonstigen Anlagen (z. B. Anpflanzungen) darstellt. Der Grund und Boden gilt grundsätzlich als unvergänglich (bzw. unzerstörbar). Dagegen ist die (wirtschaftliche) Restnutzungsdauer der baulichen und sonstigen Anlagen zeitlich begrenzt.

Der Bodenwert ist getrennt vom Wert der Gebäude und Außenanlagen i. d. R. im Vergleichswertverfahren (vgl. § 16 ImmoWertV) grundsätzlich so zu ermitteln, wie er sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre.

Der auf den Bodenwert entfallende Reinertragsanteil wird durch Multiplikation des Bodenwerts mit dem Liegenschaftszinssatz bestimmt. (Der Bodenertragsanteil stellt somit die ewige Rentenrate des Bodenwerts dar.)

Der auf die baulichen und sonstigen Anlagen entfallende Reinertragsanteil ergibt sich als Differenz „(Gesamt)Reinertrag des Grundstücks" abzüglich „Reinertragsanteil des Grund und Bodens".

Der (Ertrags)Wert der baulichen und sonstigen Anlagen wird durch Kapitalisierung (d. h. Zeitrentenbarwertberechnung) des (Rein)Ertragsanteils der baulichen und sonstigen Anlagen unter Verwendung des Liegenschaftszinssatzes und der Restnutzungsdauer ermittelt.

Der vorläufige Ertragswert setzt sich aus der Summe von „Bodenwert" und „Wert der baulichen und sonstigen Anlagen" zusammen.

Ggf. bestehende besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale, die bei der Ermittlung des vorläufigen Ertragswerts nicht berücksichtigt wurden, sind bei der Ableitung des Ertragswerts aus dem vorläufigen Ertragswert sachgemäß zu berücksichtigen.

Das Ertragswertverfahren stellt insbesondere durch Verwendung des aus Kaufpreisen abgeleiteten Liegenschaftszinssatzes einen Kaufpreisvergleich im Wesentlichen auf der Grundlage des marktüblich erzielbaren Grundstücksreinertrages dar.

Sachwertverfahren

Das Modell der Verkehrswertermittlung im Sachwertverfahren ist in den §§ 21 - 23 ImmoWertV gesetzlich geregelt.

Der Sachwert wird demnach aus der Summe des Bodenwerts und den Sachwerten der auf dem Grundstück vorhandenen nutzbaren Gebäude und Außenanlagen sowie ggf. den Auswirkungen der zum Wertermittlungsstichtag vorhandenen besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale abgeleitet.

Der Bodenwert ist getrennt vom Sachwert der Gebäude und Außenanlagen i. d. R. im Vergleichswertverfahren (vgl. § 16 ImmoWertV) grundsätzlich so zu ermitteln, wie er sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre.

Der Sachwert der Gebäude (Normgebäude zzgl. eventuell vorhandener besonderer Bauteile und besonderer Einrichtungen) ist auf der Grundlage der (Neu)Herstellungskosten unter Berücksichtigung der jeweils individuellen Merkmale:

Objektart,Ausstattungsstandard,Restnutzungsdauer (Alterswertminderung),Baumängel und Bauschäden undbesondere objektspezifische Grundstücksmerkmale abzuleiten.

Der Sachwert der Außenanlagen wird, sofern dieser nicht bereits bei der Bodenwertermittlung mit erfasst worden ist, entsprechend der Vorgehensweise für die Gebäude i. d. R. auf der Grundlage von üblichen Herstellungskosten oder als Zeitwert aufgrund von Erfahrungssätzen abgeleitet.

Die Summe aus Bodenwert, Sachwert der Gebäude und Sachwert der Außenanlagen ergibt, ggf. nach der Berücksichtigung vorhandener und bei der Bodenwertermittlung sowie bei der Ermittlung der (Zeit)Werte der Gebäude und Außenanlagen noch nicht berücksichtigter besonderer objektspezifischer Grundstücksmerkmale, den vorläufigen Sachwert (= Substanzwert) des Grundstücks.

Der so rechnerisch ermittelte vorläufige Sachwert ist abschließend hinsichtlich seiner Realisierbarkeit auf dem örtlichen Grundstücksmarkt zu beurteilen und an die Marktverhältnisse anzupassen. Zur Berücksichtigung der Marktgegebenheiten ist ein Zu- oder Abschlag vom vorläufigen Sachwert vorzunehmen. Die „Marktanpassung" des vorläufigen Sachwerts an die Lage auf dem örtlichen Grundstücksmarkt mittels des sog. Sachwertfaktors (vgl. § 14 Abs. 2 Ziffer 1 ImmoWertV) führt im Ergebnis zum marktkonformen Sachwert des Grundstücks.

Die Marktanpassung ist nicht explizit innerhalb der ImmoWertV-Regelungen zum Sachwertverfahren (§§ 21 – 23 ImmoWertV) genannt. Der Begriff des Sachwertfaktors ist jedoch in § 14 Abs. 2 Ziffer 1 ImmoWertV erläutert. Seine Position innerhalb der Sachwertermittlung regelt § 8 Abs. 2 ImmoWertV. Diese ergibt sich u. a. aus der Praxis, in der Sachwert-(Marktanpassungs)faktoren aus im Wesentlichen schadensfreien Objekten abgeleitet werden. Umgekehrt muss deshalb auch bei der Bewertung der Sachwert-Marktanpassungsfaktor auf den vorläufigen Sachwert des fiktiv schadensfreien Objekts (bzw. des Objekts zunächst ohne Berücksichtigung besonderer objektspezifischer Grundstücksmerkmale) angewendet werden. Erst anschließend dürfen besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale durch Zu- bzw. Abschläge am vorläufigen marktangepassten Sachwert berücksichtigt werden. Durch diese Vorgehensweise wird die in der Wertermittlung erforderliche Modelltreue beachtet.

Das Sachwertverfahren ist insbesondere durch die Verwendung des Sachwertfaktors ein Preisvergleich, bei dem vorrangig der Zeitwert der Substanz (Boden + Gebäude + Außenanlagen) den Vergleichsmaßstab bildet.